Feierliche Bannerweihe

Der Radwandersport war schon bald nicht mehr alleinbestimmend, denn bereits 1899 wurden Überlegungen angestellt, in Bad Lauterberg im Harz eine Radrennbahn zu errichten. Großen Wert legte der junge Verein darauf, sich auch nach außen hin darzustellen und zu repräsentieren. Dieses wurde mit der Anschaffung eines Banners dokumentiert. Am 19.02.1900 fand die feierliche Bannerweihe statt, die wiederum mit einem Saalsportfest in der damaligen Schützenhalle verbunden war. Als Taufpaten zur Bannerweihe waren Radfahrvereine aus Nordhausen, Göttingen, Uslar und Hardegsen erschienen. Zum ersten Bannerträger wurde der Sportkamerad Carl Hillegeist bestimmt.

Vereinsbanner des RV Wanderlust; die feierliche Bannerweihe fand am 19.02.1900 statt

Ihre Gemeinsamkeit betonten die Mitglieder außerdem durch einen Klubanzug, der am 19.01.1899 beschlossen wurde und in einem Protokoll so beschrieben wird: Kurzes Jackett, weite bis über die Knie reichende Pluderhosen mit sogenannten Blitzableitern, schwarze Strümpfe, Schuhe nach Belieben. Dazu wurde eine passende Mütze getragen.

Höhepunkt in der erst kurzen Vereinsgeschichte war jedoch die Durchführung des Gaufestes des Gaues 17 Hannover des Deutschen Radfahrer-Bundes vom 19. bis 21.05.1900. Dieses bedeutsame Ereignis bestimmte die Vorstandsarbeit im Frühjahr 1900, und Einladungen an 117 Vereine wurden versandt. Es wurde ein Programm erarbeitet, das folgenden Ablauf vorsah:

Delegiertentagung des Radfahrvereins „Wanderlust“
vom 19. bis 21.05.199 im Schützenhaus ( heute Kurhotel Riemann)
Samstag, 19. Mai 1900 Kommers mit Vorträgen
Sonntag, 20. Mai 1900 8.30 Uhr Delegiertensitzung
12.30 Uhr Preiskorsofahren durch Lauterberg

2.00 Uhr Essen (was der Glanzpunkt des Festes war, wie das Protokoll betont)

Danach gemeinschaftlicher Ausflug zum Wiesenbeker Teich, daselbst großes Militärkonzert, abends Tanz u. Konzert im Schützenhaus
Montag, 21. Mai 1900 Wanderfahrten durch den Harz, und zwar
1. eine längere über Oderhaus, Braunlage, Rübeland, Blankenburg
2. eine kürzere über St. Andreasberg, Oderbrück, Torfhaus nach Bad Harzburg
außerdem Katerfrühstück im Hotel Eichenkopf.
Kartengruß vom Frühjahrsgautag des Gaues 17 Hannover vom 19. – 21.05.1900
in Bad Lauterberg im Harz

Die hiesige Lokalpresse widmete diesem, für damalige Verhältnisse großen Ereignis, durch regelmäßige Berichterstattungen besondere Aufmerksamkeit. So wurde z.B. unter dem 15.05.1900 berichtet:

Die Meldungen zum Preiskorso, welcher am Sonntag, dem 20.05.1900, sich durch die Straßen unseres Ortes bewegt, sind äußerst zahlreich eingegangen. Aus diesem Grunde sieht sich der RV Wanderlust genötigt, die ursprünglich vorgesehene Strecke abzuändern. Der Festzug wird deshalb über die Schanzenbrücke, Königshütte, Drahthütte und dann die Aue hinauf durch die untere und mittlere Hauptstraße geführt und findet seine Auflösung am Kriegerdenkmal. Hinsichtlich der Preiswertung werden 3 Abteilungen gebildet.

Umzug der Radfahrer aus Anlaß des Gaufestes des Gaues 17 Hannover des Deutschen Radfahrer-Bundes am 20.05.1900
Blick auf die Lindenstraße (heute Wissmannstraße) von der Schanzenstraße her

Die beiden ersten für Vereine des Gaues 17 Hannover, die 3. Abteilung für Vereine anderer Gaue. Die beiden ersten Abteilungen werden insofern getrennt, als sie entweder über oder unter 20 aktive Bundesmitglieder haben. Die Preise in der 1. Abteilung haben einen Wert von 100, 75 und 50 Mark, die der 2. Abteilung von 80, 60, 40 30 und 20 Mark und die der 3. Abteilung von 50 und 30 Mark.

Die eigentliche Wertung erfolgt nun danach, daß 1. Vereine möglichst zahlreich durch festlich und gleichmäßig gekleidete Mitglieder vertreten sind; 2. wird in der Hauptsache ruhiges, sicheres Fahren unter bester Aufrechterhaltung der Richtung und Abstände gewertet. Da dreireihig und in sehr langsamen Tempo gefahren wird, erfordert dieses die allergrößte Aufmerksamkeit jedes einzelnen Fahrers. Insofern ist Sprechen, Begrüßen Bekannter usw. aufs strengste während der Wertungsstrecke verboten. Bis zum 16.05.1900 hatten sich schon 16 Vereine aus der näheren und weiteren Umgebung zum Preiskorso angemeldet.

Teilnehmer des RV Wanderlust an der Gauwanderfahrt nach Seesen am 26.08.1900 (3. v.r. der erste Bannerträger des Vereines Carl Hillegeist)

Dominierend war im RV Wanderlust von Anfang an immer der Radwandersport. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts lag daneben auch beim Saalsport ein Schwergewicht der Vereinsaktivitäten. Vornehmlich beim Korsofahren, aber auch beim Reigenfahren und bei Straßenrennen, letztere bildeten natürlich noch die Ausnahme, konnten eine Reihe von namhaften Erfolgen erzielt werden. Bis 1914 wurden hier 11 erste und 3 zweite Preise errungen.

Die Folgejahre waren insbesondere gekennzeichnet durch die Teilnahme an vielen Gau- und Bezirkswanderfahrten. Sportlich trat der Verein in dieser Zeit nicht groß in Erscheinung. 1911 faßte der Vorstand sogar den Beschluß, die Vereinstätigkeit einstweilen ruhen zu lassen und die zahlreich vorhandenen Ehrenpreise unter den Mitgliedern (es waren zu diesem Zeitpunkt nur noch 11) zu verteilen. Das Banner verblieb jedoch zur Aufbewahrung beim damaligen ersten Vorsitzenden, Rektor Wilhelm Hoff, für eine spätere Wiederbelebung des RV Wanderlust.

Infolge des Ersten Weltkrieges ruhte dann die sportliche Tätigkeit, wie übrigens fast in allen Vereinen, für einige Jahre. Viele Vereinsmitglieder kamen während der Kriegsjahre ums Leben oder wurden verwundet, und so stand der Verein quasi vor einem Neubeginn.

Mit 19 Mitgliedern nahm der RV Wanderlust am 21.09.1922 die Vereinsarbeit wieder auf.

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