Chronik

Chronik zum 100. Geburtstag des RV Wanderlust e.V. von 1898

Ein Bericht unseres Vereinskammeraden Ekkehard Rögener

Mit Stolz kann der RV Wanderlust von 1898 in diesem Jahr auf sein 100-jähriges Vereinsjubiläum und damit auf eine traditionsreiche aber auch wechselvolle Vereinsgeschichte blicken, zumal in vielerlei Hinsicht unruhige Zeiten der Wegbegleiter war. Er hat alle Wirren der Zeit gut überstanden und die Erhaltung und Fortentwicklung der Werte, welche die Vergangenheit in unsere Hände gelegt haben, stets als Verpflichtung betrachtet. Wir nehmen daher gern die Gelegenheit wahr, auf der Homepage der Stadt Bad Lauterberg im Harz noch einmal einen Abriß unserer Vereinsgeschichte zu geben.

Am Ausgang des 19. Jahrhunderts erlebte der Radfahrsport einen ungeahnten Aufschwung. Unter diesem Hintergrund waren somit auch in Bad Lauterberg im Harz die Weichen zu einer Vereinsgründung gestellt. Die Motive, die zur Gründung des „Lauterberger Radfahrerverein Wanderlust“ geführt haben, waren einerseits, den Radwandersport und die Geselligkeit zu pflegen, andererseits aber auch den Mitgliedern Belehrung über dieses zu dieser Zeit modernste und praktischte Beförderungsmittel zu geben. Für die Gründer war es damals daher eine Selbstverständlichkeit, den Radwandersport mit in den Vereinsnamen einzubeziehen. Außerdem wurde der Hoffnung Ausdruck verliehen, daß der Verein eine Pflegstätte des reinen edlen Sports werden und nicht in dem so verwerflichen Radfahrrennsport ausarten möge.

Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, Großherzoglicher Forstmeister und Professor der Mechanik, Erfinder des Fahrrades und erster Rennfahrer der Welt (1817)

Über die Gründung des RV Wanderlust berichtet das Lauterberger Wochen und Anzeigeblatt in seiner Ausgabe vom 23.11.1898 wie folgt:

Ein lebhafter Wunsch vieler Radfahrender Herren Lauterbergs und – wir glauben nicht fehlzugehen – last not least auch der Damen hat seine Erfüllung gefunden. In unserem schönen Harzorte besteht seit einer Woche ein Radfahrerverein unter dem Namen „Lauterberger Radfahrerverein Wanderlust“. Schon vor einigen Wochen, und zwar am 27.10.1898, war man zusammengekommen, um die Gründung eines solchen Vereins in die Wege zu leiten. Nach der Beratung und Annahme eines Statutenentwurfs hat sich der Verein konstituiert. Dreiundzwanzig Sportbegeisterte trafen sich am 17.11.1898 zur Gründungsversammlung im Restaurant „Zur Börse“, dem künftigen Vereinslokal. Initiator und Einberufer war Rektor Wilhelm Hoff, der dann auch zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde und dieses Amt bis 1911 innehatte.

Fahrrad aus dem Jahr 1888

Außerdem gehörten dem Vorstand noch ein stellv. Vorsitzender (Johann Janßen), ein Schrift- und Kassenwart (Emil Gattermann) und ein 1. und 2. Fahrwart (Emil Mennecke und August Sandvoß) an. Es waren ausnahmslos Herren, die sich dieser aufstrebenden Sportart widmeten, und zwar Kaufmann Wilhelm Ahrend, Kaufmann Felix Böttcher, Gastwirt August Brunotte, Lehrer Daries, Maurermeister Carl Füllgrabe, Magistratssekretär Emil Gattermann, Fabrikant Carl Hillegeist, Rektor Wilhelm Hoff, Ingenieur Johann Janßen, Lehrer Heinrich Imohr, Fabrikant Emil Mennecke, Rektor Hermann Meyer, Maurermeister Walter Nagel, Kaufmann Louis Naupert, Kaufmann Walter Nitzsche, Kaufmann Franz Offeney, Kaufmann Pippel, Fahrradhändler Carl Rieke, Kaufmann Carl Rudolphi, Lehrer August Sandvoß, Stadtkämmerer Paul Veronelli, Fabrikant Jacob Weiß und Gastwirt Wilhelm Witte sen.

Das gesellschaftliche Leben in dieser Zeit wurde in Bad Lauterberg im Harz vom RV Wanderlust maßgeblich mitgestaltet. Bereits Anfang 1899 zählte der Verein 60 Mitglieder, und am 04. Februar 1899 wurde das erste Saalsportfest in der Schützenhalle (Standort des heutigen Hotels revita) durchgeführt, das einen überaus glänzenden Verlauf nahm. Unter Mitwirkung der hiesigen Kurkapelle fand ein reichhaltiges Programm statt. Das Lauterberger Wochen- und Anzeigeblatt widmete dieser Veranstaltung in seiner Berichterstattung einen breiten Raum und schreibt:

Zunächst führten Vereinsmitglieder im Eröffnungsfahren eine Probe ihrer Kunst vor Augen. Auf schön geschmückten Rädern fuhren vier Damen und acht Herren in kleidsamer Sportstracht in den Saal. Lautlose Stille trat alsbald ein, und die Blicke aller waren auf die Radler gerichtet. In eleganter Haltung fuhren dieselben unter Musikbegleitung verschiedene Touren. Alles ging in exakter Weise und ohne jegliche Störung vonstatten. Rauschender Beifall wurde den Fahrern nach Beendigung ihrer Übungen gespendet. Es folgte ein „Duettfahren“, wobei zwei Mitglieder staunenswerte Leistungen im Kunstradfahren zeigten. Als Höhepunkt folgte ein „Viererreigen“, bei dem sich die Fahrer durch ihre ruhige, sichere Haltung auszeichneten. Durch die weiteren Vorführungen „Die lustige Radfahrschule“ und „Der Radfahrsport einst und jetzt“ gelangte auch der Humor zu seinem Rechte; die sich da abspielenden komischen Szenen wurden herzlich belacht. Viel zur Erheiterung trug auch die für diesen Abend erschienene humoristische Festzeitung bei.

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